Am 30. September und 01. Oktober fand in diesem Jahr der branchenübergreifende Human Friendly Automation (kurz: HFA) Day statt. Gastgeberin war die RWE AG in Essen unter Schirmherrschaft von Katja van Doren, Vorständin für Personal und IT bei RWE. Ein Event, das Geschichte schreibt!
Foto: RWE AG 2024
Der HFA Day hat vier wesentliche Aufgaben zu erfüllen:
Symbolkraft: Meinungsführende in der Wirtschaft, des öffentlichen Sektors, der Wissenschaft, Politik und Gesellschaft machen deutlich: "Wir wollen die Ära der KI und digitalen Automatisierung zum Erhalt guter, d.h. wertstiftender und würdevoller Arbeit von Menschen gestalten." Die Gäste nehmen eine Vorbildfunktion ein. Insbesondere der "Host" des Events nimmt dabei eine besondere Rolle ein. Das klare, öffentliche Bekenntnis wird von der HFA Allianz durch die Verleihung des HFA-Awards am HFA-Day geehrt.
Wissenstransfer: Die Teilnehmenden sind zumeist in führenden, gestaltenden Rollen. Es sind CIOs, CHROs, CEOs, CDOs und Leitende von operativen und strategischen KI- und Automation-Einheiten sowie der Wissenschaft, der Weiterbildung und Politik, die Forschung und Ordnungspolitik für generative KI und die damit verbundene Automatisierung gestalten. Sie allen teilen Wissen untereinander. Das Miteinander und voneinander lernen ist ein Wesensmerkmal des HFA-Day.
Vernetzung: Ziel ist es, dass sich möglichst viele Teilnehmende nachhaltig miteinander vernetzen. Die einen streben Forschungs- und Projektkooperationen an, andere möchten die neuen persönlichen Kontakte zwischen Experten und Entscheidenden verstetigen und Soundingboards oder Neubesetzungen für Aufsichtsrats und CxO-Rollen mit "HFA-minded" Persönlichkeiten besetzen. Und wieder andere möchten einfach nur Menschen kennenlernen, die davon überzeugt sind, dass Menschlichkeit und Wirtschaftlichkeit kein Widerspruch sind.
Verbreitung: Eine wichtige Aufgabe ist auch die Verbreitung beziehungsweise "Viralisierung". Die HFA- Allianz möchte durch den HFA-Day möglichst viele neue "Überzeugungstäter" finden, die den Geist von HFA in ihre Organisationen oder Länder tragen. Insbesondere die HFA-Werte-Charta soll in möglichst vielen KI / Automation-Strategien, -Projekten zur Anwendung kommen.
Ohne große Umschweife: Der HFA Day 2024 war ein voller Erfolg. Die Teilnehmenden sprachen von einer sehr "hochwertigen Veranstaltung". Viele äußerten im Nachgang, dass sie "echt noch etwas gelernt" haben und das Wissen für ihre Tätigkeiten im Alltag nutzen wollen.
Die positive Resonanz, auch auf LinkedIn, hat mich sehr gefreut. Denn seit Februar diesen Jahres engagieren wir uns neben dem Job in der Vorbereitung des HFA Days bei RWE. Hier sei auch nochmal der Dank an das Organisationsteam der Gastgeberin genannt, die ein derart branchenübergreifendes Event in dieser Form auch noch nicht ausgerichtet hatten - zumal zu einem Thema, das -auf den ersten Blick - fernab der Energiebranche liegt. Die Mühe hat sich gelohnt!
Impressionen der beiden Tage
Auf Wunsch vieler Gäste früherer HFA-Days wurde in diesem Jahr erstmals mehr Zeit für die Vertiefung von Human Friendly Automation (HFA) gegeben. Die HFA Allianz hat daher einen Pre-Workshop im Unperfekthaus Essen (ein perfekter Ort ;) am Nachmittag des 30. Septembers organisiert.
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26 Gäste aus Wirtschaft, Wissenschaft und dem öffentlichen Sektor hatten sich somit bereits vor dem offiziellen HFA-Day eingefunden und ausgehend von konkreten Bedürfnissen von Beschäftigten und Führungskräften bei KI und Automatisierungsprojekten Erfolgskriterien an Arbeitgeber erarbeitet. Die Kleingruppen, vertreten von den Experten der HFA Allianz Dr. Hans-Joachim Gergs, Thila Pham und Lilli Baur, stellten ihre Ergebnisse am 1. Oktober den Gästen des HFA-Days vor. Genutzt wurde das Human Friendly AI Framework, das im BMAS geförderten Forschungsprojekt humAInWorkLab vom ISF München erarbeitet und von der ISF-Wissenschaftlerin und HFA Allianz-Expertin Barbara Langes vorgestellt wurde. Es wurde deutlich, dass auf allen Feldern "blinde Flecken" sind.
KI und Automatisierung stellen Operating Modelle von Organisationen auf den Kopf
Die seitens der HFA Allianz geleistete Vernetzung der Experten soll vertieft werden, um diese "Flecken" zu schließen. Es wurde deutlich, dass der Fokus bislang auf der Technik und der Anwendung der Technik lag, aber die Organisationsentwicklung unter KI weltweit kaum ein Thema war. In meiner Rolle als globaler HFA-Lead bei IBM, die bei KI eine Führungsrolle einnimmt, freue ich mich besonders, dass wir das Wissen gemeinsam vertiefen und teilen können.
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Die Vorabendveranstaltung - Teil der HFA-Gemeinschaft werden
"Brauchen wir eine Vorabendveranstaltung", ist immer wieder eine Frage, die mich zu Beginn der Planung des HFA Days erreicht. Meine Antwort: "Ja, klar. Ohne die geht es nicht." Denn Human Friendly Automation ist nicht einfach nur ein Werkzeug oder Prozess, sondern es ist vor allem eine Haltung, wie man Projekte, Bereiche oder Unternehmen im Zeitalter von KI und Automatisierung führt. Die Haltung ist menschenzentriert.
Viele Gäste kommen aus dem Alltagsstress zum HFA Day geeilt. Ihr Denken und ihre Sprache sind von der Business-Performance sowie ihren Rollen geprägt. Wir erleben KPI-Denken. Wir erleben zum Start von HFA Days oftmals artifizielle Verhaltensweisen, die Züge von Arroganz und Eitelkeiten aufweisen, welche sich insbesondere durch Hierarchien in Großunternehmen einschleichen. Wir erleben Schweigen und Vorsicht gegenüber anderen, welche sich durch politisierte Organisationskulturen ergeben. Insbesondere in den Kommunikationen vor dem HFA Day sind diese Verhaltensmuster spürbar.
Das Vorabendevent ist eine informelle Begegnungsmöglichkeit, die einen Icebreaker-Effekt erzeugen soll. Wir konnten bisher erleben, dass bereits beim Eintritt zum HFA Day-Vorabendempfang die "positiven Vibes" und der höhere Sinn des gesamten Events eine andere, menschenzentrierte Stimmung schaffen. Es kommt durch diesen Abend zu einer "Demaskierung", welche die Grundlage für das Hautpevent schafft. RWE hatte in diesem Jahr die Zeche Zollverein für die Vorabendveranstaltung ausgesucht. Über 80 Gäste fanden sich im Erich Brost Pavillion im 38 Stock ein, um bei einem "Ruhrpott-Dinner" sich gegenseitig kennenzulernen. Wie zu erwarten war, stimmte die Chemie zwischen den Teilnehmenden und das Eis brach bereits nach kürzester Zeit.
Die Schirmherrin des HFA Day 2024, Katja van Doren, eröffnete den Abend und bekundete ihre Relevanz für die Human Friendly Automation Initiative sowie die Freude über den Besuch der Gäste, die aus allen Regionen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz die Reise nach Essen angetreten sind.
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Während dem Abendessen fand das Kamingespräch zum HFA Day statt. Unter dem Titel: "Künstliche Intelligenz, Automatisierung und die Zukunft der Arbeit. Welche Impulse sind jetzt entscheidend für den Standort Deutschland?“ diskutierten Katja van Doren, Andrea Nahles (Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit), Thomas Kufen (Oberbürgermeister der Stadt Essen) und Simone Kasik (Geschäftsführerin bei der FUNKE Mediengruppe). Im Rahmen der von mir gestellten Fragen an die Runde wurde deutlich, dass KI in ihrem Alltag unerlässlich ist. Alle Sprecher machten aber deutlich, dass der Mensch bei all dem Fortschritt im Vordergrund stehen müsse. Ein Vorgehen "Mensch raus, Roboter rein", wäre mit ihnen so einfach nicht machbar und auch nicht nachhaltig. Wer Qualität erwartet, braucht Menschen.
Frau Nahles, zugeschaltet aus Berlin, wies zudem darauf hin, dass die Notwendigkeit der Digitalisierung in ihrem (öffentlichen) Sektor eine conditio sine qua non-Bedingung sei, um überhaupt über das "Wie", d.h. human-friendly oder human-unfriendly sprechen zu können.
Das Kamingespräch regte die Gespräche zwischen den Gästen an und führten zu einer guten Einstimmung für den Folgetag.
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Der Human Friendly Automation Day
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Um 9:00 Uhr am 1. Oktober eröffnete die Moderatorin des Tages, Franziska Schiering, Team-Lead IT-Programs bei RWE, den HFA Day 2024 und begrüßte die Gäste vor Ort sowie im Livestream. Franziska startete mit einer Aktivierung, sodass wir hell-wach die folgenden Programmpunkte begehen konnten.
Zum Auftakt des Tages gab Katja van Doren eine inspirierenden Keynote-Rede. Sie unterstrich die Relevanz einer Human Friendly Automation für RWE und begrüßte die Gäste, die aus Deutschland, Österreich und der Schweiz angereist beziehungsweise virtuell zugeschaltet waren. Katja unterstrich die Relevanz von Werten und der wertebasierten Führung in Zeiten von KI.
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Im Anschluss folgte die Begrüßung von mir in meiner Rolle als Initiatior der HFA Allianz und von HFA. Entlang von Beispielen machte ich deutlich, was die HFA-Allianz zum Ziel hat: Erhalt guter Arbeit für Menschen in Zeiten von KI und Automatisierung.
RWE erhält den HFA Award 2024 - Ort zum Erhalt guter Arbeit in der Automation-Ära
Anschließend kam es zur Ehrung. In diesem Jahr durfte ich im Namen der HFA Allianz den Human Friendly Automation Award an RWE, stellvertretend Katja van Doren, verleihen. RWE ist damit ein ausgezeichneter Ort zum Erhalt würdevoller und wertstiftender Arbeit in der KI-Ära. Diese Auszeichnung orientiert sich an den Nachhaltigskeitsziel Nummer 8 der Vereinten Nationen, das Recht auf würdevolle und wertstiftende Arbeit.
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Podiumsdiskussion: Wie verbessert man eigentlich die Arbeit durch digitale Automatisierung?
Die anschließende Podiumsdiskussion war ein weiteres Highlight des Morgens. Unter Moderation von HFA Allianz-Mitglied Barbara Langes diskutierten Ilse Henne, Mitglied des Vorstands der thyssenkrupp AG, CEO von thyssenkrupp Materials Services; Stefan Latuski, CIO bei der Bundesagentur für Arbeit; Professor Dr. Verena Nitsch, Leiterin des Instituts für Arbeitswissenschaft bei der RWTH Aachen; Dr. Anne Bendzulla, RWE Head of IT/OT Strategy, Michael Schönstein, Head of General Digital Policy im Bundeskanzleramt sowie Rosmarie Steininger, CEO von Chemistree zum Thema „Die Verbesserung der Arbeit durch digitale Automatisierung. Was heißt das eigentlich und worauf kommt es an?
Ilse Henne machte deutlich, dass man bei Mitarbeitenden Vertrauen in KI-Entscheidungen schaffen müsse. Der Aubau von Vertrauen sei essentiell. BA-CIO Stefan Latuski wies auf die Herausforderung hin, dass 40% der Beschäftigten der Bundesangentur für Arbeit in den kommenden Jahren in den wohlverdienten Ruhestand gehen. Es braucht intelligente Automatisierung, um die Effekte des demographischen Wandels zu verringern. Es sei aber wichtig, Vorbehalte abzubauen und Mitarbeitende an KI mitentwickeln zu lassen. Mitarbeitende haben Angst. Auch wenn dies in seinem Haus unbegründet sei. Trotzdem habe eine Arbeitnehmer-Vereinbarung schon mal dazu beigetragen, dass Ängste abgebaut werden können.
Stefan machte deutlich, dass es den "buy in" auf oberster Ebene brauche. KI Labs werden nie skalieren, wenn das Commitment oben auf Führungsebene nicht da sei. Im Zuge dessen wies er darauf hin, dass die Kommunikation entlang der Einführung von Technologien wie KI und Automatisierung verbessert werden müsse:
Das Warum und die Kommunikation müssen stärker klar gemacht beziehungsweise realisiert werden.
Ein schönes Beispiel im Sinne von HFA gab auch Anne Bendzulla. Die RWE-Managerin erklärte, dass sie bei RWE KI und Automatisierung mit Werten starten. Diese machen sie zur Grundlage. Dazu werden die bestehenden Werte des Unternehmens auf die Anforderungen aus den neuen Technologien gemeinsam reflektiert. Dies sei eine sehr wertvolle Maßnahme, um eine menschenzentrierte Automatisierung sicherzustellen.
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Verena Nitsch, die sich intensiv mit dem technischen, digitalen Wandel arbeitswissenschaftlich beschäftigt und Mitglied der HFA-Allianz ist, machte deutlich, dass Deutschland weltweit führend sei, um die KI- und Automation-Ära auf ein Wertefundament zu stellen.
Anne Bendzulla wies zudem darauf hin, dass cross-funktionale Teams Akzeptanz für generative KI und Automatisierung schaffen. Dies korrespondiert mit der Ansicht von HFA-Experten Martin Födisch, Bundesagentur für Arbeit, der bereits bei vorherigen HFA Days darauf hinwies: KI ist eine gesamtorganisatorische Aufgabe und kein reines IT-Projekt. Dies unterstrich auch Stefan Latuski in seinem Redebeitrag. Die Zeiten, in denen die IT irgendetwas im stillen Kämmerlein entwickelt und dann auf Fachbereiche ausgerollt habe, seien vorbei.
Rosmarie Steininger erklärte, dass die frühzeitige Einbindung der "Betroffenengruppen" von Automatisierungsvorhaben erfolgskritisch sei. Das "Können, Wollen und Dürfen" müssen vorhanden sein. Dies entsehe, wenn die IT mit den Nicht-ITlerInnen so früh wie möglich zusammenarbeiten.
Michael Schönstein betrachtete das Thema aus einer makroökonomischen Perspektive. Er unterstrich die Bedeutung von Human Friendly Automation und der Arbeit der Allianz durch eine von ihm zitierten Studie des MIT-Wissenschaftlers Daron Acemoğlu, "Automation drives income inequality". Aus dieser geht hervor, dass wenn man Automatisierung nicht human-friendly gestaltet, es zu erheblichen Gehaltsunterschieden in einer Gesellschaft kommen kann. Die USA seien -laut Studie- ein Beispiel für die damit verbundenen Folgen.
Die HFA Allianz möchte einen Beitrag leisten, sodass die digitale Automatisierung nicht zu Nachteilen für Menschen führt. Das Beispiel von Michael machte deutlich, dass der soziale Frieden einer Gesellschaft in Gefahr sein könnte, wenn Organisationen rein Effizienzen aus KI- und Automatisierungstechnologien heben wollen.
Auch Ilse Henne machte deutlich, dass es in einer Zeit, in der es zu Restrukturierung komme, um so wichtiger sei, dass man das Langfristige und die Menschen-Zentrierung im Blick behalte. Ihr Credo sei in diesem Kontext die Kompetenz der Ambiguität.
Wir müssen besser werden in der Führung der Ambiguität.
Hierunter ist zu verstehen, dass man zwar kurzfristig Effizienzen hebt (exploit), aber zur gleichen Zeit in der Lage ist, die Mannschaft anzustiften, die Zukunft konstruktiv, kreativ und unternehmerisch gestalten zu wollen. Diesen Spagat, den auch HFA-Allianz Experte Hans-Joachim Gergs immer wieder unter Ambidextrie beschreibt, im Alltag zu stemmen, ist eine Kompetenz, die Führungskräfte auch unter dem Einfluss von KI-Technologien benötigen. Eine entsprechende Kultur ist zu schaffen. Ein Weg, um dies zu erreichen, zeigte Ilse Henne ebenfalls auf. Bei thyssenkrupp erarbeiten sie "Glaubenssätze", die Führungskräften zu KI Orientierung geben sollen.
Erwähnenswert war auch das Abschlussstatement von Stefan Latuski. Er machte deutlich, dass Human Friendly Automation "kein Lippenbekenntnis" bleiben dürfe. Es reiche nicht aus, nur darüber zu reden und sich dazu zu bekennen. "Machen komme von Machen". Das bedeute, dass man konkrete Handlungen zu HFA umsetzen müsse. Die BA setzt HFA konsequent und systemisch um (siehe unten).
Digitalisierung bei RWE - Eindrucksvolle Beispiele und HFA
Unter Moderation von Marta Szpindor, HFA-Allianz Mitglied und Head of Digital & IT Portfolio bei RWE Generation stellte das Unternehmen spannende Projekte vor, in denen KI-gestützte Anwendungen für die Weiterbildung der Beschäftigten zur Anwendung kommen.
In ihrem Intro berichtete Marta von einer qualitativen Erhebung, die sie anlässlich des HFA Days vorab unter KollegInnen durchgeführt habe: Die Mitarbeitenden der RWE wünschen sich durch KI neben der Übernahme von lästigen Tätigkeiten vor allem mehr zeit für sinnstiftende Tätigkeiten. Sie machte deutlich, dass KI nicht von allein funktioniere. Der Mensch werde unersetzlich bleiben.
Dennoch: Auch Mitarbeitende sind gefordert, sich unter dem Einfluss digitaler Innovationen zu verändern.
Insbesondere die VR-basierten Schulungsanwendungen, die Rien Trip, IT Innovation Manager (und VR Maniac :)) eindrucksvoll präsentierte, sind gute Möglichkeiten, um die so dringend benötigte Fort- und Weiterbildung der Beschäftigten in der KI- und Automation-Ära in global agierenden, produzierenden Unternehmen zu stemmen. Denn, das ist klar, Künstliche Intelligenz wird die größte Umschulungsinitiative im 21. Jahrhundert erfordern. Das zeigen regelmäßig erscheinende Studien wie von IBM, McKinsey, WEF & Co.
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Der Impuls der RWE schloss mit einer unterhaltsamen "Prompting-Challenge" zwischen Rien und Dr. Max Schumm, Digital Transformation & Innovation Expert ab. Moderiert unter anderem von Murat Köse, AI Lead & Digital Expert bei RWE.
Man kann allerdings nicht verleugnen, dass kulturelle Unterschiede in der Herangehensweise deutlich wurden: Während Max methodenbasiert an die Aufgaben heranging, folgte Rien einem (vermeintlich "niederländischen") Trial&Error-Prinzip, das mit ordentlich Selbstbewusstsein oftmals das Potenzial hat, erfolgreicher zu sein. Leider nicht in diesem Fall: Algorithmen lassen sich davon nicht beeindrucken.
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Und so hat Max mit einer (eher den Deutschen zugeschriebenen), regel-orientierten Kompetenz die besseren Ergebnisse bei der Generierung von KI-basierten Bildern rund um HFA erzielt. So oder so: Dran bleiben und Prompten lernen lohnt sich. Und Rien war zumindest der Gewinner der Herzen. ;)
Führung und KI: Wie wirkt Technik auf Beschäftigte und was müssen Führungskräfte können
Nach der Mittagspause (mit hervorragendem Essen dank RWE) folgte ein Vortrag zu KI und Führung von Prof. Dr. Alexander Maedche vom Karsruher Institute of Technology (KIT). In diesem zeigte er entlang von Forschungsarbeiten auf, wie die Zusammenarbeit mit KI-Systemen Veränderungen in der kognitiven Belastung erzeugen. Fazit: Arbeit muss neu organisiert werden. Insbesondere die Erfahrungen aus der Luftfahrt geben Orientierung.
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Alexander's sehr hochwertiger Vortrag bildete die Grundlage für eine hochkarätige Podiumsdiskussion zu "KI und Führung" die HFA-Allianz Mitglied und Führungsexpertin Thila Pham, CEO von Growpany, innovativ und tiefgründig moderierte:
Norbert Janzen, CHRO der FUNKE Mediengruppe erklärte, dass sie Leitlinien zu KI haben. Wichtig sei, die menschliche Intelligenz zu erhalten, obgleich sie im Alltag die Mitarbeitenden durch generative KI unterstützen.
Der Mensch macht am Ende die Qualität aus.
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Madeleine Bauer-Eder, Personalchefin der IBM Österreich betonte in ihrem Statement die Beziehung zwischen KI-Implementierung und die Weiterbildung der Mitarbeitenden: "Eine Lernkultur zu schaffen ist besonders wichtig." Menschen müssten sich durch die Einfluss von KI und Automatisierung grundlegend verändern. Das zeige auch die aktuelle Studie von IBM gemeinsam mit Oracle.
Auch bei Porsche ist KI nicht mehr wegzudenken. Personalvorstand Andreas Haffner zeigte auf, dass KI vom Vertrieb bis zur Gastronomie zur Anwendung komme und Effizienzen heben helfe.
Mit Blick auf das Thema KI und Führung erklärte er,
viele Führungskräfte tun sich schwer mit KI.
Es gebe die Sorge vor der Entwertung der Arbeit.
Madeleine Bauer-Eder merkte an, dass es wichtig sei, Vertrauen zu schaffen, in dem Mitarbeitende mit ihren Führungskräften gemeinsam experimentieren. Sie führte ein konkretes Beispiel der IBM an. Das IT-Unternehmen hat einen weltweit zur gleichen Zeit stattfindenden KI-Hackathon organisiert, an dem nahezu alle Beschäftigten mitgemacht haben. Auf diese Weise wurde KI erlebbar, Vertrauen aufgebaut und die Lust zur Integration im Alltag geschaffen.
Die HFA Allianz vereint viele Vordenkende. Sie alle haben ein Stückweit "Zukunftswissen". Daher sind sie davon überzeugt, dass KI und Automatisierung einen erheblichen Strukturwandel der Wirtschaft bedeuten. Diese Position unterstreichte auch Andreas Haffner. Er machte deutlich, dass sich bei Porsche ca. 25 Prozent der Arbeitsplätze "dramatisch" verändern werden. Und ca. 85 Prozent müssten erheblich umgeschult werden durch den Einfluss der Technologien.
Es wird nicht jeder glücklich sein.
Führungskräfte sind gefordert, diese Transformation zu gestalten und den Betroffenen die Veränderung zu erklären. Doch es werde nicht jeder glücklich sein, meinte Andreas Haffner. Führungskräfte würden bei ihnen in der Organisation geschult, diese Gespräche zu führen. Offenheit und Ehrlichkeit sind dabei essentiell.
Im Rahmen des HFA-Buchs hat bereits IBM HR Experte John Lester auf die Erfordernis der Offenheit und Ehrlichkeit hingewiesen, wenn Arbeiten vom Menschen an die Maschine übertragen werden. Die HFA Allianz sieht in diesen Fällen vor, dass betroffene Mitarbeitende so früh wie möglich von der tiefgreifenden, persönlichen Veränderung erfahren, sodass sie ausreichend Zeit erhalten, um sich für eine andere, neue Tätigkeit vorzubereiten.
Thila Pham fragte letztlich die Runde, was eine Führungskraft in der Zukunft eigentlich brauche, um bleiben zu dürfen. Die Antworten der diskutierenden HR-Leader waren einstimmig:
Emotionale Intelligenz ist die Schlüsselkompetenz der Zukunft
Zwar erleben wir derzeit, dass in vielen Unternehmen die Führungskräfte KI und Prompting-Kurse erhalten. Doch die Schlüsselkompetenz der Führungskräfte liege weniger im Prompting als vielmehr in der sozialen und emotionalen Intelligenz. Norbert Janzen erklärte, dass man Führungskräften die Möglichkeit zur Weiterbildung geben müsse. Sie müssen beispielsweise in der Lage sein, Mitarbeitenden Anerkennung für Veränderung zu geben. Madeleine Bauer-Eder brachte es mit dem Satz auf den Punkt: "Ich glaube an Dich".
Zudem brauchen Führungskräfte eine gewisse Resilienz, um den Wandel persönlich zu vertreten. Dazu braucht es Maßnahmen der Kommunikation, damit Führungskräfte die Unternehmensstrategie und Nutzen von KI verstehen und überzeugt erklären können.
Madeleine Bauer-Eder ergänzte, dass insbesondere Führungskräfte im mittleren Management als "Change Manager" agieren können müssen. Dazu sollten sie sich auch "vulnerabel" zeigen, denn sie sind selbst von dem Wandel betroffen.
Zusätzlich zu den hier genannten Kompetenzen ergänzte KI- und Akzeptanz-Experte Alexander Maedche, dass auch cross-funktionales, kollaboratives Denken und Handeln Schlüsselkompetenzen durch KI sind. Auch innerhalb von Teams verändere sich die Arbeit erheblich. Führungskräfte müssten die Wirkung durchdenken und erkennen, wer wie entlastet und belastet wird und was dem Team wichtig ist, an sozialem Miteinander zu erhalten. Insbesondere Mitarbeitergespräche zu erhalten sei Führungkräften sehr wichtig.
Fazit: Die Ergebnisse der Entscheider decken sich mit den Forschungsergebnissen, die Daniel Ludewig (Airbus und HFA Allianz Mitglied) im Rahmen seiner Forschungsarbeit zu KI und Führungskompetenzen unter Betreuuung von Professor Dr. Christian Opitz (Zeppelin Universität) (ebenfalls beide zu Gast beim HFA Day 2024) und mir im Frühjahr 2024 erarbeitet und abgeschlossen hat. Daniel hat die weltweit erste Studie auf diesem Feld erarbeitet, die wir bei IBM zur Erarbeitung eines Führungskompetenzmodells für KI und Automatisierung nutzen konnten, das wir bei Kunden zur Anwendung bringen.
Human Friendly Automation umsetzen: Ein Praxisbeispiel
Nach diesen Highlights war der Tag noch immer nicht zu Ende. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat über 100.000 Mitarbeitende in Deutschland. Sie hat in ihrer Rolle eine Art Vorbildfunktion für die Organisation der Arbeit. Die HFA Allianz freut es daher besonders, dass die BA sich unter Leitung von Andrea Nahles und CIO Stefan Latuski dazu entschieden haben, die Ära der digitalen Automatisierung unter konsequenter Anwendung von Human Friendly Automation zu gestalten. Auf diese Weise wollen sie die Arbeit der Beschäftigten verbessern und den Folgen des demographischen Wandels so schnell wie möglich entgegenwirken können.
Wie das geht zeigten anschaulich die operativ Verantwortlichen der BA für HFA, Uwe Henkel (Leiter des Automation Center of Excellence), Martin Födisch (Gründungsmitglied der HFA Allianz und Mitentwickler der HFA-Werte-Charta sowie Bereichsleiter Change Management der BA sowie Lilli Baur, externe HFA-Consultant der IBM bei der BA).
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Die BA skaliert HFA in dem es einen partizipativen Mitmachprozess wählt. Es wurden Handlungsfelder im Rahmen von internen Experten-Interviews ermittelt, um HFA nachhaltig sowohl kulturell, organisational als auch in den jeweiligen KI und Automatisierungsprojekten verankern zu können. Entlang dieser Handlungsfelder arbeiten möglichst viele Interessierte aus allen Teilen der Republik und Organisationseinheiten der BA an der Ausgestaltung einer Human Friendly Automation mit. Uwe Henkel hält die Feden zusammen, obgleich er mittlerweile eine Bewegung von "ÜberzeugungstäterInnen" losgetreten hat.
Das Vorgehen der BA zu HFA ist erlebenswert. Die Experten der Organisation stehen gerne zum Austausch zur Verfügung. By the way: Es ist in dieser Form weltweit einmalig. Denn bisher wurden Technikprojekte - einerlei, ob in der Privatwirtschaft oder im öffentlichen Sektor - weitgehend losgelöst von der Gestaltung der individuellen Auswirkungen durch Technologien verfolgt. Im Rahmen des BA Projektes werden erstmals Metriken erarbeitet, die den Erfolg von Human Friendly Automation versus einem reinen Effizienz orientierten Ansatz (human-unfriendy) beweisen.
Der HFA Day 2024: Ein großer Dank an alle die dabei waren
Zugegeben, es hat ein paar Tage gedauert, bis dieser Blogbeitrag verfasst werden konnte. Zu viele Eindrücke mussten sich erst setzen, um daraus einen Rückblick zu formulieren. Doch gerade zum Ende des HFA-Days wurde mir in der Abschieds- und Dankesrede, die ich gemeinsam mit Anne Bendzulla halten durfe, deutlich: Unsere Arbeit ist entscheidender denn je!
Es hat mich persönlich berührt, dass Katja van Doren den Mut aufgebracht hat, vertretend für ein international agierendes Unternehmen, das Shareholder-Interessen unterworfen ist, ein klares Bekenntnis zu einer human friendly orientierten Gestaltung der KI- und Automation-Ära durch die Rolle des Hosts des HFA-Days 2024 zum Ausdruck zu bringen.
Es hat mich ebenso persönlich berührt, das so viele einflussreiche Persönlichkeiten und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Medien, öffentlichen Sektor und der Politik sowohl vor Ort als auch virtuell am HFA-Day teilgenommen und mitgestaltet haben.
Künstliche Intelligenz und deren Nutzen ist "geil". Das habe ich bereits in meinem Intro zum HFA Day in der Zeche Zollverein erklärt. Doch in Bezug auf die Gestaltung der Arbeit ist es kein Thema, das wir dem Zufall überlassen dürfen. Es ist eine aktive Managementaufgabe! Insbesondere die von Michael Schönstein zitierte Studie halt nach: Denn sie belegt ganz klar: Wer nur auf sich schaut und die Effizienzpotenziale durch KI und Automatisierung heben will, wird nicht nur erhebliche Gehaltsunterschiede in einer GEsellschaft erzeugen, sondern trägt dazu bei, dass soziale Spannungen zunehmen, die das Potenzial kriegerischer Auseinandersetzungen in sich tragen.
Ich bin dankbar, dass die HFA Allianz und die HFA-"Follower" immer mehr werden. Wir werden uns auch in den kommenden Jahren dafür einsetzen, dass die entsprechenden Stellschrauben gedreht werden, um würdevolle und wertstiftende Arbeit für Menschen in der KI und Automation-Ära zu erhalten.
VIELEN DANK FÜR EURE TEILNAHME UND MITGESTALTUNG!
Foto: RWE AG 2024
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